Solo in Challenge League - Jeder ist die Nummer 1

08.03.2022

Beitrag aus dem Zwölf-Magazin: Heft 89

 

 

Die dieci Challenge League gehört zu den engsten Meisterschaften Europas. Aufsteigen werden höchstens zwei, aber irgendwo ist jeder Klub Spitze.

 

FC Aarau: der Lokalste

 

Lange Zeit galt der FC Aarau als Auffangbecken für Spieler, die es anderswo nicht geschafft hatten. Tempi passati: Heute setzen die Rüebliländer wie kein zweiter Klub in der Liga auf Lokales. Gleich 9 Spieler im Kader sind Eigengewächse, vom U-Nationalspieler Silvan Schwegler über Topskorer Kevin Spadanuda bis zur Vereinsikone Olivier Jäckle (fast 300 Spiele für den FCA). Wäre der Slogan nicht schon besetzt, der FCA müsste mit «Aus der Region, für die Region» werben.

 

Bild: zVg;. FC Aarau

SC Kriens: der Grösste

 

Die Punktausbeute mag diese Saison gering sein, in einer Wertung liegt der SC Kriens aber uneinholbar vorne. 1557 Mitglieder zählt der Verein – also jeder 17. Einwohner der Stadt –, 45 Mannschaften sind beim Verband gemeldet. Dazu hat er die wohl grösste Juniorenabteilung des Landes. Allein 111 D-Junioren spielen beim SCK, das Vierfache des nationalen Mittelwerts. Im Kleinfeld werden an einem Samstag 15 Nachwuchs-Heimspiele ausgetragen, rund 70 Trainer engagieren sich täglich für die Zukunftshoffnungen.

 

 

Neuchâtel Xamax FCS: der Legendärste

 

Es gab eine Zeit, da war Xamax in ganz Europa ein Begriff. Bayern München zog auf der Maladière eine Niederlage ein, Real Madrid gleich zwei Mal, und Celtic Glasgow wurde mit 5:1 überrollt. Bis 1997 blieb Xamax daheim im Europacup 27 Spiele in Folge ungeschlagen. Das vor 15 Jahren eröffnete neue Stadion wartet noch immer auf seine europäische Premiere. Die Zuschauermassen, die damals ans erste Real-Spiel strömten, fänden nicht einmal in zwei neuen Maladières Platz.

 

 

FC Schaffhausen: der Seltenste

 

Eine Rarität im internationalen Fussball gibt es beim FC Schaffhausen zu bewundern. Als die Munotstädter 2019 den Schweden Mirza Mujčić verpflichteten, holten sie einen an Bord mit einer aussergewöhnlichen Gabe: Der Verteidiger tritt nämlich seine Penaltys beidfüssig! 8 Mal lief er bisher für den FCS vom Punkt an, 5 Mal schoss er mit rechts, 3 Mal mit links. 75 Prozent beträgt seine Erfolgsquote. Während es viele technisch versierte Fussballer gibt, die im Spiel beide Füsse ähnlich gut einsetzen, ist Mujčić bei den Elfmetern fast ein Unikum.

 

 

FC Stade Lausanne-Ouchy: der Internationalste

 

Für die Dauer des diesjährigen Afrika-Cups musste Meister YB auf zwei wichtige Spieler verzichten. Gleiches hatte Stade Lausanne-Ouchy zu verkraften: Beim Achtelfinale gegen Gastgeber Kamerun standen nämlich deren Spieler Rafidine Abdullah und Mohamed Abdallah für die Komoren auf dem Platz und verloren – wegen Corona-Absenzen mit einem Feldspieler im Tor und nach einer frühen Roten Karte – ehrenhaft mit 1:2. SLO ist aber auch anderorts international vertreten: Mersim Asllani und Lavdrim Hajrulahu laufen für den Kosovo auf, mehr Nationalspieler finden sich bei keinem Challenge-League-Klub. Dazu passt, dass auch Trainer Meho Kodro einst Nationalspieler von Bosnien war.

 

FC Thun: der Fairste

 

«Es si alli so nätt», heisst es in einem alten Lied von Franz Hohler. Es könnte die Vereinshymne des FC Thun sein. Der Klub hat sich mit seiner Bescheidenheit nicht nur ein sympathisches Image erarbeitet, er tritt auch auf dem Platz so auf. Die Oberländer begehen die zweitwenigsten Fouls der Liga, und grobe Vergehen sind kaum darunter. Der Aufstiegsaspirant kassiert nämlich mit Abstand die wenigsten Gelben Karten, bei einigen Konkurrenten sind es fast doppelt so viele.

 

 

FC Vaduz: der Erfolgreichste

 

Im Fussball spielt man um Pokale. Doch die Hälfte der Challenge-League-Klubs durfte noch überhaupt nie eine nationale Trophäe abzügeln. Und während in Winterthur oder Aarau ein kleiner Schaukasten reicht, muss sich der FCV nach den grössten Vitrinen umschauen, um alle gewonnenen Pokale auszustellen. 47 Mal gewann er den liechtensteinischen Cup, kein anderer Verein weltweit kann da mithalten. Einziger Wermutstropfen: Dem Ländle-Klub bleibt nur mehr vom Gleichen in Aussicht. Denn er darf zwar in der Schweizer Liga mittun, Meister werden aber nicht.

 

 

FC Wil: der Spektakulärste

 

Ende Januar im Bergholz: Bis kurz vor der Pause liegt das Heimteam gegen Vaduz 1:3 hinten, zehn Minuten vor Schluss mit einem Tor vorne, die Partie endet schliesslich 4:4. Ungewöhnlich? Nicht beim FC Wil. Wer irre Spielverläufe und viele Tore sehen will, der ist hier richtig. Über 4 Mal zappelt im Schnitt das Netz in Partien der Ostschweizer, die Resultate – in dieser Saison auch 3:3, 3:5 oder 4:2 – stünden auch einem Hockeymatch gut an.

 

 

FC Winterthur: der Vielversprechensde

 

Wie ergeben sich die grössten Chancen, es in die Schweizer Nati zu schaffen? Die Antwort ist simpel: beim FC Winterthur anheuern. Mit Manuel Akanji, Remo Freuler, Christian Fassnacht, David von Ballmoos, Steven Zuber, Fabian Frei und bis vor kurzem Admir Mehmedi trug eine ganze Armada Nati-Spieler einst das Winti-Trikot. Ihnen gemeinsam ist, dass sie erst nach ihrer Zeit auf der Schützenwiese ein Aufgebot erhalten haben. Dass der FCW den klar höchsten Zuschauerschnitt der Liga hat, ist also kein Wunder: Nirgends gibt es so viele künftige Nati-Stars zu entdecken.

 

 

Yverdon-Sport FC: der Anständigste

 

Fast jeder Klub hat mit einer Handvoll Fans zu kämpfen, die für Probleme sorgen. Diskriminierende Zwischenrufe, Rangeleien, Sachbeschädigungen. Vorbildlich dagegen ist die grösste Fangruppe Yverdons. «Les Verts-Play» nennt sie sich und macht schon im Namen klar, wie sehr ihr Fairplay am Herzen liegt. «Wir unterstützen die Mannschaft bei jedem Spiel positiv und konstruktiv», schreibt sie über sich selber. Die familienfreundliche Gruppierung ist im Zeitalter der organisierten Fankurven ein willkommener Farbtupfer.